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Evangelische Zeitung 3/2002 vom 20. Januar 2002

Gallus-Park in Göttingen: Fachmarktzentrum nach jüdischer Unternehmerfamilie Hahn benannt

„Im Gallus-Park (früher OBI), Weender Landstraße 59...“, so bewerben orange blinkende Kleinanzeigen in der Tageszeitung die Angebote der neu eröffneten Fachgeschäfte.

Ganz bewusst hat sich der Göttinger Geschäftsmann Bernhard Rust dafür entschieden, sein Fachmarktzentrum so zu benennen. Gallus - zu deutsch: Hahn - war ein großes Unternehmen (Häute, Felle und Därme; Leder, Schuhe), das sich seit 1912 auf dem 16.000 qm großen Fabrikgelände befand.
 

Die 1912 auf dem Gelände
eröffnete Firma der Unternehmerfamilie Hahn
 

Die Hahns gehören zu den jüdischen Familien, die im 19. Jahrhundert nach Göttingen zuzogen, als im Königreich Hannover 1848 auch für Juden die Niederlassungs- und Berufsbeschränkungen aufgehoben worden waren.
Doch 1939 mussten sie die Firma aufgeben, wurden die jüdischen Inhaber wirtschaftlich ruiniert, verfolgt, schließlich verschleppt und ermordet. Nur wenige Mitglieder der jüngeren Generation konnten – unter unglaublichen Mühen und Gefahren – entkommen und sich ins Ausland retten. Die Geschwister Rudolf und Hanni Hahn flohen nach England, ihre Vettern Max und Leo Hahn über Frankreich und Portugal nach Amerika bzw. nach Palästina/Israel.
 

Die Firma Gallus wird liquidiert.

Max Hahn hat mit großem Fleiß und Geschick in New Jersey ein neues Unternehmen aufgebaut, spezialisiert auf Arbeitsgeräte und -methoden im Bergbau: „Hahn Industries Mine & Mill Specialties.“ Auf seiner Visitenkarte prangte als sprechendes Symbol ein „Gockel“, wie Hahn ihn liebevoll nannte, und zwar, in Anspielung auf die Göttinger Schuhfabrik mit Stiefeln.

Der gestiefelte Gockel -
Göttinger Wurzeln in den USA



Diesen hat Rust nun wieder belebt und in leicht modernisierter Form, allerdings ohne Stiefel, zum Logo des neuen Gallus-Parks gemacht. Er möchte damit an die Geschichte des Objekts erinnern und städtebauliche Kontinuität aufzeigen.

Entwurf und...
Aufstellung des neuen Gallus-Logos

Sein Vater war es, der das Firmengelände 1939 bei der Liquidation und erneut nach dem Krieg käuflich erwarb. Rust sieht es als großes Glück, Max Hahn noch persönlich kennen gelernt zu haben: „Plötzlich stand er hier auf dem Gelände in meinem Büro.“ Die beiden sehr unterschiedlichen Männer, Jahrgang 1909 und 1944, kamen sofort ins Gespräch – und führten es über fast 20 Jahre kontinuierlich fort. Auch Max Hahns Frau Lili war Deutsche und sprach noch ein sehr gutes, akzentfreies Deutsch. „Jedenfalls wenn er, der sehr lebhaft und kommunikativ war, sie zu Wort kommen ließ“, erinnert sich Rust schmunzelnd an zahlreiche Begegnungen im Familienkreis.
Pieter“, wie Max Hahn genannt wurde, starb 1992, seine Frau Lili ein Jahr später. Das Paar hatte keine Kinder. Doch sind Hahns in ihrer Vaterstadt Göttingen heute nicht vergessen. Der neue Gallus-Park, mit dem beleuchteten Hahn-Logo weithin sichtbar, soll dies ein kleines Stück weit versinnbildlichen."

Bettina Kratz-Ritter

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